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Kleinbahnhof



Der Bahnhof vom Bahnsteig gesehen.


Bei einer Diskussion im Usenet entstand die Idee alternative Kleinbahnhöfe zu entwerfen, um Beispiele aufzeigen zu können, daß man durchaus auch recht günstig für mehr Qualität sorgen kann. Der Staat und die Bahn stehen, oft zurecht, in der Kritik zu teuer zu bauen, warum auch immer. Der Wunsch von Kommunen nach mehr Qualität ihrer Bahnhöfe prallt ungehört bei der Bahn ab, oft mit der Begründung es sei zu teuer. Dies ist nun mein Versuch für die Usenet-Gruppe Gegenteilige Lösungen aufzuzeigen, der durchaus auch von allgemeinem Interesse sein dürfte.

Der Urlaub bzw das Reisen überhaupt mit der Bahn beginnt schon im Bahnhof. Der Bahnhof vermittelt dem Reisenden schon die ersten Eindrücke, was auf ihn zukommt. Der Zustand des Bahnhofes entscheidet mit darüber, mit welcher Stimmung der Reisende seine Reise antritt bzw was ihm am Ziel erwartet. Genau hier liegt mein größter Kritikpunkt der Bahn. Diese zieht sich in letzter Zeit verstärkt aus den vielen kleinen Bahnhöfen in der Fläche zurück und überläßt diese dem Verfall. Viele der Gebäude dürften allerdings keinerlei baugeschichtliche Relevanz haben, womit ein Verlust durchaus verschmerzbar wäre. Und genau da ist mein Ansatz. Da sich die Gebäude in einem bedauerlichen Zustand befinden, wäre ein Abriss und ein Neubau eines kompakten, einfachen und somit günstigen Gebäudes günstiger, als eine individuelle Sanierung eines Bahnhofes und darüber hinaus weit attraktiver als der Ersatz durch einen schlichten Unterstand für die wartenden Reisenden.

Grundgedanke war einen möglichst einfachen und günstigen Bahnhof zu entwerfen, der an Stelle von alten Gebäuden hingestellt werden kann. Ein weiterer Gesichtspunkt war es, ein CD für kleine Bahnhöfe einzuführen, wie es seit Jahrzehnten Tankstellen, Fastfood-Ketten und manche Discountlebensmittelmärkte schon ausführen. Desweiteren sollte ein in der Größe gestaffelter Typus entstehen, mit Wiedererkennungswert. Viele Teile solcher Bahnhöfe lassen sich in Serie vorfertigen und immer wieder verwenden, womit Kosten eingespart werden. Nicht jeder Bahnhof auf dem Lande muß individuell sein. In dem hier gezeigten Beispiel habe ich erstmal die größere Variante eines Kleinbahnhofes entworfen, für einen Dorfbahnhof mit größerem Einzugsbereich.

Das Gebäude entspricht, mit einer Grundfläche von runde 10x20m, in etwa der doppelten Größe und Volumen eines gewöhnlichen Einfamilienhauses. Es ist in mehreren Teilen aufgeteilt: mit einem Wartebereich, einem Durchgangsbereich und einem Servicebereich. Die Ausführung wird in für Industriegebäuden üblicher Manier durchgeführt. Also mit einer vorgefertigten Tragstruktur aus Betonfertigteilen mit ausgemauerten Zwischenräumen aus großformatigen Gasbetonsteinen und einer aufgebrachten Haut, in diesem Fall aus rot lackiertem Zinkblech, der Hausfarbe der Bahn. Die Glasfassade kann eine einfache Pfosten-Riegel-Fassade sein, für Gemeinden mit einer besseren finanziellen Lage, eine Glasfassade mit Punkthaltern. Der Großteil ist freilich eine leere Hülle für die Halle und nur ein kleiner Teil an einem Ende wird für Service- und Nebenräume verwendet. Der Raum, der früher für die Dienstwohnung verbaut wurde, kommt hier dem Reisenden zugute. In der Halle stehen ein oder zwei Fahrkartenautomaten, je nachdem auf welcher Strecke der Bahnhof steht und welche Fahrgastfrequenz erwartet wird. Da sich die multifunktionalen Automaten mit Touch-Screen so langsam durchsetzen, dürfte auch ein solcher genügen. Allerdings muß auch noch ein Automat am Bahnsteig stehen, für die Zeiten, wenn das Gebäude geschloßen ist. Es können auch mehrere Sitzreihen für wartende Reisende aufgestellt werden. Die in größeren Wartehäuschen rundum angeordneten Sitzbänke gefallen mir da weniger. Mir gefällt dabei durchaus das amerikanische Muster eines Blocks aus mehreren Reihen mit Blick auf die Gleise und auf den Bahnhofsvorplatz auf die Bushaltestelle, ohne jemandem gegenüber sitzen zu müßen, das sich auch auf Flughäfen durchsetzt.

Vandalismus ist auf dem Lande nicht so verbreitet wie in Ballungsräumen, aber wenn ein Gebäude über den größten Teil seiner Zeit unbewacht sich selbst überlassen bleibt, ist auch dort Vandalismus nicht auszuschließen. Die Durchsichtigkeit des Gebäudes ist ein Weg, der auch mehr Sicherheit bietet. Dem Bahnhof eine Nutzung zukommen zu lassen, die eine ständige personelle Präsenz gewärleistet, wäre ein weiterer Weg. Ich stelle mir dabei vor, daß dies durchaus mit einen Kiosk bewerkstelligt werden kann, der am besten auch eine Postagentur für das Dorf betreibt, wie auch andere Dienstleistungen, womit eine über den Tag verteilte, dauernde Kundenfrequenz auf dem Bahnhof gegeben wäre. Wenn der Kiosk auch noch die Touristen-Information beherbergen würde, wäre es perfekt und böte somit, durch die Vielfalt der Nutzungen, den ganzen Tag einen Anlaufpunkt für Einheimische und Touristen, was seiner Aufwertung zugute kommt. In meinem Entwurf sind auch öffentliche WCs beinhaltet, die in der Fläche ebenfalls immer weniger werden. Über dem Kiosk und den WCs befinden sich die Technikräume und ein Aufenthaltsraum als Reserve für Bahnbedienstete, die dort eventuell einmal zu tun haben. Mehr Räume braucht ein kleiner Bahnhof heute nicht mehr, da kein weiteres Personal mehr auf kleinen Bahnhöfen Dienst macht.

Ein solcher Bahnhof dürfte um die 500.000 bis 600.000 Euro kosten, ohne Abbruchkosten des Vorgängers, die Kosten lassen sich eher noch weiter drücken. Die endgültigen Kosten hängen von der Qualität der Austattung ab, dürften aber diesen Rahmen nicht sprengen. Das ist ein Preisrahmen, der durchaus auch von den meisten Kommunen zu bewältigen ist. Die Bahnsteige sind selbstredend schon vorhanden, bedürfen aber oft auch der Sanierung, die sich bei runde 1000 bis 1500 EUR pro laufendem Bahnsteigmeter bewegen dürften. Ein neuer Bahnsteig kostet runde 3500 EUR pro laufendem Meter bei runde 3 bis 3,5 m Breite, mit allem inklusive. Eine Sanierung sollte aber nur durchgeführt werden, wenn diese auch wirklich nötig, bzw der Betrieb nicht mehr durchführbar ist. Bei nicht sehr frequentierten Strecken kann ein bestehender ebener Übergang zum anderen Bahnsteig bestehen bleiben. Das funktioniert in vielen Hundert Bahnhöfen seit gut über 100 Jahren, wobei dies auch vom Betriebsablauf abhängt, wo wiederum die Bahn in der Pflicht steht. Auf vielfrequentierten Strecken muß eine sichere Gleisüberquerung gewärleistet werden. Die teure Variante wäre eine Unterführung, die aber in der günstigeren Variante sehr viel Platz verbraucht, wenn sie behindertengerecht ausgeführt werden soll. Die teure Variante benötigt einen Aufzug, der dazu auch Wartungsintensiv und empfindlich gegen Vandalismus ist. Die Beschwerden über nichtfunktionierende Aufzüge in der Provinz und die Hygiene solcher sprechen Bände. Ebenso bewegt man sich nur ungern in Tunnels. Nach dem Fußgängertunnel-Hype unter größeren Straßen in den 1960er und 1970er jahren, werden diese inzwischen vermehrt abgebrochen. Auch dies spricht Bände. Meine favorisierte Lösung wäre ein ebener Übergang, der sich durch eine ferngesteuerte kleine Schranke sichern ließe und eine zusätzliche gesprochene Ansage als zusätzliche Sicherung, falls die Schranke ausfällt.

Ob kleine Dorfbahnhöfe an Attraktivität gewinnen hängt nicht zuletzt auch von den Kommunen ab. Ich würde deshalb durchaus auch gerne die Kommunen in die Pflicht genommen wissen, was aber eine funktionierende Zusammenarbeit mit der DB Netz und DB Station und Service voraus setzt, die leider nicht immer gegeben ist. Vor allem in touristisch interessanten Gegenden, sollten auch die Kommunen Interesse haben, daß die "Visitenkarte" zu ihrem Ort kein "Abbruchhaus" ist. Hier ist die Politik gefordert.

Die Fachwelt bitte ich zu entschuldigen, daß ich keine Fachgerechten Zeichnungen präsentiere. Aber um eine Architekturdiskussion einer Personengruppe näher zu bringen, die diese Architektur auch täglich nutzt, bedarf es keiner Pläne, die nur Fachleute verstehen, sondern Präsentationsmittel die von jedem verstanden werden in einer Form, in der sich jeder in seiner Phantasie selbst hineinversetzen und es sich so besser vorstellen kann. In den Bildern sind alle wichtigen Elemente zu sehen.




Straßenseite des Bahnhofes.



Bahnhof in der Nacht, vom Bahnsteig gesehen.



Bahnhof in der Nacht, von der Straßenseite.



Das Innere des Bahnhofgebäudes. Vorne der Wartebereich, in der Mitte der Durchgangsbereich und hinten der Servicebereich mit WC rechts und Kiosk links mit Stehtischen. Mitten drinn die Kartenautomaten. Ein Teil des Wartebereiches kann alternativ auch mit Tischen und Stühlen für eine Gastronomie belegt werden, die vom Kiosk aus bedient wird.



Teilübersicht des Bahnhofes. Links oben sieht man den gesicherten Übergang bei vielfrequentierten Strecken. Bei wenig frequentierten Strecken oder eingleisigen Strecken, vor allem bei den niedrigen Bahnsteighöhen von Provinzbahnsteigen, kann er auch nahe des Bahnhofsgebäudes sein, ohne Sicherung.



Größenvergleich, um sich die Dimensionen besser vorzustellen, mit einem Beispiel das man kennt. Hier ein normales Einfamilienhaus 9x10m im Vergleich zum Bahnhof.



Kleinbahnhof Teil 2